Einen Purzelbaum schlagen, rückwärts balancieren oder die Kerze halten – mit solchen motorischen Fähigkeiten, die eigentlich leichtfallen sollten, tun sich Kinder heute immer schwerer. Kalorienreiches Essen, wenig Bewegung und zuletzt die Pandemie haben dazu geführt, dass gerade Kindergartenkinder Defizite in den Bereichen Kraft, Schnelligkeit, Koordination und Beweglichkeit aufweisen. Die Stadt Mannheim geht hier in die Bewegungsoffensive: Mit dem „Bewegungspass Baden-Württemberg“ bietet der Fachbereich Sport und Freizeit niederschwellig und alltagsintegriert ein neues Instrument an, das nahezu flächendeckend in Mannheimer Kindertagesstätten umgesetzt werden soll.
Bei der heutigen Auftaktveranstaltung erhielten die teilnehmenden Kitas von Bürgermeister Ralf Eisenhauer und Bürgermeister Dirk Grunert als Starterpaket eine sogenannte Bewegungstasche mit Bewegungspässen für jedes Kind in der Einrichtung und dafür notwendigen Utensilien wie Koordinationsleitern, Slalomkegel oder Bälle. Anschließend wurden die Erzieherinnen und Erzieher direkt praktisch geschult. „Ganz nach dem Motto ‚alle Mannheimerinnen und Mannheimer machen Sport‘ bietet der Fachbereich Sport und Freizeit bereits eine Vielzahl an Bewegungsangeboten für Groß und Klein an – sei es das beliebte Sport-im-Park oder Schwimmkurse für Grundschulkinder.
Mit dem Bewegungspass Baden-Württemberg wird nun eine Lücke geschlossen und der Fokus auf die Entwicklung im Vorschulalter gelegt“, erläutert Sportbürgermeister Ralf Eisenhauer. Bildungsbürgermeister Dirk Grunert ergänzt: „Für ein gesundes Aufwachsen spielt Sport und Bewegung im Alltag eine wichtige Rolle. Je früher wir Kinder mit unseren Bewegungsangeboten erreichen, desto wirksamer sind sie. Wir wollen schon früh den Spaß an Bewegung wecken. Besonders freut es mich, dass wir den Bewegungspass in Mannheim gleich von Beginn in allen Stadtbezirken einführen können, damit erreichen wir ein Stück mehr Chancengleichheit für alle Kinder. “
Mit dem Bewegungspass wurde in Stuttgart im Jahr 2016 ein Konzept entwickelt, das die motorischen Fertigkeiten Laufen, Springen, Balancieren, Klettern, Werfen und Fangen bei Kindern fördern soll. Auf spielerische Art ist jede trainierte Bewegungsform einem Tier zugeordnet: Das Eichhörnchen steht beispielsweise für Balancieren, der Krebs für Rumpfstabilität. Alle Tierübungen gliedern sich in vier Schwierigkeitsstufen, die aufeinander aufbauen. Im Bewegungspass werden die gelernten Fähigkeiten mit Hilfe von Aufklebern dokumentiert, um so die Motivation der Kinder zu steigern und die eigenen Fortschritte zu veranschaulichen. Die teilnehmenden Einrichtungen erhalten Materialien wie die Bewegungstasche mit Spielesammlungen sowie Weiterbildungen, damit regelmäßige Bewegungsförderung in der Einrichtung stattfinden kann. Der niederschwellige Ansatz in der Kita ermöglicht es, eine große Zahl von Kindern aller Gesellschaftsschichten gleichermaßen in Bewegung zu bringen und zu fördern.
Umsetzung in ganz Baden-Württemberg
Eine Evaluation des Bewegungspasses in Stuttgart aus dem Jahr 2019 zeigt eine sehr hohe Zufriedenheit mit dem Programm bei den teilnehmenden Einrichtungen. Nach der Einführung des Bewegungspasses sank die Zahl der grobmotorisch auffälligen Kinder in Stuttgart deutlich und liegt immer noch knapp unter dem Landesschnitt, während der Anteil in Mannheim weiter gestiegen ist. Seit 2019 wird das Konzept ausgeweitet und mittlerweile in 17 Stadt- und Landkreisen in Baden-Württemberg umgesetzt. Seine Verbreitung wird im Rahmen des Präventionsgesetzes über die AOK Baden-Württemberg gefördert. In Mannheim wird der Bewegungspass mit dem Ziel eingeführt, allen Kindern die Chance zu bieten, motorische Basisfertigkeiten bis zum Schuleintritt zu erwerben. Dadurch sollen die vorhandenen Defizite ausgeglichen, Chancenungleichheit entgegengewirkt und die Potenzialentfaltung von Kindern begünstigt werden. Zum Start beteiligen sich insgesamt 17 Mannheimer Kitas. Weitere können folgen. Die Koordination des Bewegungspasses in Mannheim erfolgt über den Fachbereich Sport und Freizeit in enger Abstimmung mit den Fachbereichen Jugendamt und Gesundheitsamt, Tageseinrichtungen für Kinder und Bildung sowie externen Akteuren wie dem TSV 1846 Mannheim. Das Projekt ist zunächst auf drei Jahre angelegt und wird in dieser Zeit von der AOK Rhein-Neckar-Odenwald unterstützt.
Quelle: Presseinformation der Stadt Mannheim vom 05. April 2023